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Artikel der Ausgabe: 03 / 2024

Rankenpflanzen als Rattenleiter: Vermieter muss handeln

Amtsgericht Hamburg-Wandsbek, Urteil vom 1. September 2022, 714 C 71/21
Mitgeteilt von den Rechtsanwälten Steins & Schadendorff

Das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek hatte sich mit der Frage zu befassen, wer dafür Sorge zu tragen hat, dass zukünftig keine Ratten mehr in die Mietwohnung gelangen können. Die Mieterin einer Hamburger Wohnung hatte beanstandet, dass die Hausfassade derart mit Rankgittern und Fassadenbepflanzungen versehen war, dass es den Tieren hierdurch leicht gemacht wurde, in ihre Wohnung zu kommen. Die Mieterin hatte regelmäßig eine Ratte in ihrer Wohnung zu Besuch und sich aus diesem Grund mit der Bitte um Abhilfe an ihren Vermieter gewendet. Dieser sah sich hier jedoch nicht der Verantwortung.

Das Gericht sah dies anders. Es wies vielmehr darauf hin, dass der Vermieter die Wohnung während der Mietdauer in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten habe. Dieser Verpflichtung sei er nicht nachgekommen, da er infolge der Mangelanzeige der Mieterin keine Maßnahmen ergriffen habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stand für das Gericht fest, dass sich eine Ratte in der Wohnung befand und über den Balkon und die Rankpflanze den Balkon wieder verließ. Hierfür gab es Zeugen und es wurde zusätzlich auch ein Sachverständiger befragt. Der ungezügelte Wuchs der Rankpflanzen im Bereich der Hausfassade, der deutlich in den Balkon der Mieterin hineinreicht, sei der Grund für das Vorhandensein der Ratten auf dem Balkon der Mieterin.

Die Möglichkeit von Ratten, über die Rankpflanze auf den Balkon der Mieterin zu gelangen, stellt nach Auffassung des Gerichts auch eine Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Nutzbarkeit des Balkons und der Wohnung insgesamt, also einen Mangel, dar. Die Balkontür könne von der Mieterin nicht mehr beispielsweise zum Lüften oder Betreten des Balkons geöffnet werden, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass in diesem Fall eine Ratte in die Wohnung gelangt.

Die Tatsache, dass die Fassaden-Bepflanzung bereits bei Mietbeginn vorhanden war, ändert nichts an der Tatsache, dass die Wohnung nunmehr mangelbehaftet ist. Es handelte sich um sogenannten Blauregen und damit um eine schnell und üppig wachsende Pflanzenart, wie dies dem Gericht aus dem eigenen Garten bekannt war. Der Vermieter hatte über die Jahre keinerlei gärtnerische Pflegeschnitte veranlasst. Das Gericht sah hierin den Verstoß gegen die Instandsetzungsverpflichtung des Vermieters, zumal der Vermieter auch keinen Grund vorgetragen hatte, weshalb kein Rückschnitt seit dem Mietbeginn erfolgt sei. Der Vermieter konnte auch nicht mit Erfolg einwenden, dass es sich bei dem Rattenbefall um einen Einzelfall gehandelt habe. Der Vermieter hatte vorgetragen, dass sich außer der Mieterin keine andere Mietpartei über einen Rattenbefall in ihren Wohnungen beschwert habe. Das Gericht wies insoweit darauf hin, dass dies keinen geeigneten Einwand gegen den Mangelbeseitigungsanspruch der Mieterin darstelle. Der Sachverständige hatte ausgeführt, dass die Tiere nachtaktiv und sehr scheu gegenüber Menschen seien. Die Mieterin hatte entsprechend ausgeführt, dass sie die Ratten erst zu später Stunde in der Wohnung bemerkt habe. Es ist von daher ist nicht auszuschließen, dass andere Mietparteien das Eindringen von Ratten in ihre Wohnung nicht bemerkt und aus diesem Grund den Vermieter nicht verständigt haben.

Hinweis: Ein Rattenbefall in der Wohnung stellt einen Mangel der Mietsache dar. Die Vermieterseite kann unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung aufgefordert werden. Es kommt zudem auch eine Mietminderung in Betracht. Die Schädlingsbeseitigungskosten trägt in der Regel die Vermieterseite, soweit die Mietparteien den Mangel nicht verschuldet haben. Regelmäßig anfallende Kosten, in der Regel zur Vorbeugung eines Schädlingsbefalls, können bei Vereinbarung in der Betriebskostenabrechnung auf die Mietparteien umgelegt werden.

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