Lesezeit ca. 3 Minuten
Artikel der Ausgabe: 03 / 2024

Kündigung: Videoaufnahmen als Beweis?

Humorvolle Illustration, die die Überwachung in Miethäusern beleutet. Ein Mieter beobachtet,was draußen geschieht, hier Klingelt gerade jemand an der Eingangstür, die mit einer Überwachungskamera gesichert ist, Und es kommt außerdem gerade eine Familie aus dem Urlaub zurück.
Cartoon: Carsten Lüdemann

Bundesgerichtshof: Heimliche Videoüberwachung im Treppenhaus ist unzulässig! Vermieter dürfen Mieter nicht per Kamera überwachen – Datenschutz geht vor.

Urteil vom 12.März 2024 – VI ZR 1370/20

Eine Berliner Wohnungsgesellschaft hatte zwei Mieterinnen im Verdacht einer unerlaubten Untervermietung ihrer Wohnungen und mahnte sie deshalb ab. Um dies beweisen zu können, beauftragte sie eine Detektei, die eine versteckte Kamera gegenüber der Tür der jeweiligen Wohnung anbrachte. Die Aufzeichnung wurde für einen Zeitraum von vier Wochen erstellt und protokolliert, dass auch andere Personen regelmäßig mit einem Schlüssel die Wohnungen betraten. Die Gesichter sowie die Kleidung der Personen waren hierbei deutlich erkennbar. Die Vermieterin kündigte daraufhin den Mieterinnen das Mietverhältnis. Diese weigerten sich auszuziehen, sodass die Vermieterin Räumungsklage erhob. Eine der Mieterinnen warf der Vermieterin in diesem Zusammenhang „Stasi-Methoden“ vor und verlangte eine Entschädigung wegen einer Persönlichkeitsverletzung. Das Amtsgericht gab der Räumungsklage statt und verneinte eine Entschädigungsleistung. Das Landgericht hingegen wies die Klage ab, da eine Videoüberwachung nicht als geeigneter Beweis anzusehen sei.

Entsprechend entschied auch der BGH. Heimliche Aufnahmen personengebundener Daten seien in einem nicht öffentlichen Raum als unzulässig anzusehen und würden dem Datenschutz widersprechen. In einem Treppenhaus müsse niemand mit Aufnahmen rechnen. Dies stelle insoweit eine erhebliche Persönlichkeitsbeeinträchtigung dar. Mildere Mittel zur Beweissicherung, beispielsweise durch Befragung der Nachbarn oder durch den Versuch einer Scheinanmietung, hätten hier vorgelegen. Zudem würden die Aufnahmen keinen Beweis für eine Untervermietung ergeben, da diese den Grund für den Ein- oder Austritt aus der Wohnung nicht erkennen ließen. Ebenso sei die Kündigung auch durch den Vorwurf der „Stasi-Methoden“ nicht gerechtfertigt. Hier handele es sich im Zuge der Auseinandersetzung um eine zulässige Meinungsäußerung. Eine Geld-entschädigung sei der Mieterin jedoch nicht zuzusprechen, da die festgestellte Unrechtmäßigkeit der Videoaufnahmen eine ausreichende Genugtuung darstelle.

Kommentar: Die Entscheidung ist zu begrüßen. Die Wohnung ist als der wesentliche Privatbereich selbstverständlich nicht gegen den Willen der Mieterseite zu beobachten. Auch hat die Vermieterseite regelmäßig keinen anerkennenswerten Grund zu erfahren, ob beziehungsweise welche Personen Zutritt zu einer Wohnung nehmen. Hier steht der Schutz der Privatsphäre erkennbar höher als das Vermieterinteresse bezüglich der Aufklärung vermeintlicher Vertragsverstöße im Rahmen einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung.

Mit seinen mietrechtlichen Urteilen trägt der Bundesgerichtshof (BGH) zur Klärung strittiger Auslegungsfragen und zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung bei. Stefan Schmalfeldt, Leiter der Rechtsabteilung des Mietervereins, erläutert kritisch, welche praktische Bedeutung aktuelle Grundsatzurteile für Mieter und Vermieter haben.

Ihre Meinung zählt!

Schicken Sie uns Ihr Feedback zu unseren Artikeln, Themenideen oder Hinweise per E-Mail an briefe@mieterjournal.de – wir freuen uns auf Ihre Ideen und Vorschläge!