Installation auf dem Klimakongress veranschaulichte Hochwasserschäden an einer Kücheneinrichtung
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Artikel der Ausgabe: 04 / 2024

Klimawandel aktiv begegnen

Experten und Politiker mahnen zur Dringlichkeit und zeigen innovative Ansätze auf – Hamburgs Klimakongress als Plattform für konkreten Wandel

Beim 14. Klimakongress und der 1. Klimamanagementtagung in der Hamburger HafenCity diskutierten Ende September Wissenschaftler, Experten, Politikvertreter, Journalisten, Praktiker und zwei Vertreter des Mietervereins zu Hamburg über die drängenden Fragen unserer Zeit. Organisiert wurde die Veranstaltung von dem Meteorologen und Klimaforscher Frank Böttcher.

Die Diskussionen begannen unter dem Einfluss der Landtagswahl in Ostdeutschland, wo gerade eine Partei zu stärksten Kraft gewählt wurde, die den menschengemachten Klimawandel leugnet.  Für die Wissenschaftler ist längst klar: Der Klimawandel ist eine physikalische Realität und nicht diskursoffen. Entsprechend fordern die Fachleute eine Berichterstattung, die wissenschaftliche Erkenntnisse in den Vordergrund rückt, statt politische Polarisierung zu fördern. In Podiumsdiskussionen ging es daher nicht nur um die Fakten, sondern vor allem um die Frage, wie die Umsetzung von Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen gelingen kann. Die Konferenz, unterstützt von prominenten Stimmen wie die von Mojib Latif, Dr. Eckart von Hirschhausen und Sven Plöger, war ein Appell an die gesamte Gesellschaft, den Klimawandel aktiv anzugehen. Es brauche positive Beispiele und Lösungsansätze oder, wie ein Teilnehmer zutreffend zusammenfasste: „Klimaschutz muss sich lohnen.“

Der Auftakt des Kongresses stand ganz im Zeichen alarmierender Daten. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) stellte seine jüngsten Erkenntnisse zur Erderwärmung in Deutschland vor, wie sie auch im aktuellen DWD-Faktenpapier zum Extremwetter 2024 dokumentiert sind. Die Messdaten zeigen, dass die globale Erwärmung ungebrochen voranschreitet und Deutschland dabei schneller erwärmt als der weltweite Durchschnitt. Besonders besorgniserregend sei der rapide Temperaturanstieg der letzten anderthalb Jahre. Dennoch kalkuliere die Politik bei ihren Maßnahmen für Klimaschutz und Anpassung weiterhin mit einem linearen Temperaturanstieg. Diese Erhebungsmethode werde der beschleunigten Erwärmung der vergangenen Jahre allerdings nicht mehr gerecht.

Die Aussicht auf extreme Hitzewellen bereitet den Klimaexperten Sorge, vor allem mit Blick auf die Sommermonate, in denen Deutschland zunehmend anfällig für extreme Temperaturspitzen wird. Die Medizinerin Dr. Ute Teichert, Leiterin der Abteilung „Gesundheitsschutz, Gesundheitssicherheit, Nachhaltigkeit“ im Bundesministerium für Gesundheit, warnte eindringlich vor den gesundheitlichen Risiken, die solche Hitzewellen mit sich brächten. Inzwischen arbeitete man ressortübergreifend daran, Maßnahmen für den Hitzeschutz zu verbessern. So sollen die Menschen in deutschen Großstädten künftig nach Pariser Vorbild besser vor Hitzewellen geschützt werden – in Frankreich ist man hier bereits 20 Jahre voraus. Das Bewusstsein müsse wachsen, dass Klimaschutz zugleich Gesundheitsschutz ist. „Das Teuerste, was wir tun können, ist nichts“, betonte Arzt und Moderator Eckart von Hirschhausen. Bislang werden die gesundheitlichen Schäden und immateriellen Verluste in Risikoberechnungen kaum berücksichtigt.

Während der Session „In 80 Minuten um die Welt“ nahmen die Teilnehmer des Klimakongresses per Liveschaltung Einblicke in die Klimafolgen weltweit: Aus Island berichtete die Küstenwache von weniger Schnee und mehr Stürmen, während Wissenschaftler auf dem Forschungsschiff Polarstern die immer dünner werdende Eisschicht der Arktis bestätigten. In den Niederlanden liegt der Schwerpunkt auf kostspieligen Anpassungsmaßnahmen wie Deichverstärkungen. Mojib Latif fand dafür drastische Worte: „Wir sprechen noch über Anpassung, andere Länder sprechen bereits über Klimaflucht.“ Positivbeispiele gab es auch: Indien baut riesige Energieparks und setzt auf erneuerbare Energien.

Bei der Umsetzung von Klimaanpassungen und Schutzmaßnahmen hinken Städte und Gemeinden jedoch noch hinterher, oft aus finanziellen und bürokratischen Gründen – trotz rund 900 Förderprogrammen. Die „Hamburger Gründachstrategie“ zeigt, wie nachhaltige Infrastruktur das Mikroklima und die Biodiversität verbessern kann; ein begrüntes Dach bleibt im Sommer bis zu 50 Prozent kühler als ein unbepflanztes. Angesichts steigender Rohstoffpreise und Ressourcenknappheit betonte der Ingenieur Prof. Dr. Norbert Gebbeken die Notwendigkeit, bestehende Bausubstanz stärker zu nutzen, statt ständig neu zu bauen. Die Konferenz endete mit einem dringlichen Appell zum Handeln; die präsentierten Innovationen gaben Anlass zur Zuversicht.

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