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Artikel der Ausgabe: 04 / 2024

Indexmieterhöhung unwirksam aufgrund falscher Ausgangsmiete

Amtsgericht Hamburg, Urteil vom 2. November 2023, 42 C 174/22
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Christoph Rudyk

Es ging um die Wirksamkeit einer Indexmieterhöhung. In dem Mietvertrag wurde eine Indexmiete – also eine Miete, die an den Verbraucherpreisindex gekoppelt ist – vereinbart. Der Vermieter könnte also – soweit der mietvertraglichen Regelung gefolgt wird – in regelmäßigen Abständen die Nettokaltmiete an die jeweilige Entwicklung der Verbraucherpreise automatisch anpassen. Als Maßstab wird dabei der sogenannte Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts herangezogen. Die Indexmiete soll auf diesem Weg die Inflation abbilden. Es gibt aktuell auch keine Begrenzungen für entsprechende Mieterhöhungen.

Auf die Indexmietenvereinbarung berief sich der Vermieter bei seiner Miet-erhöhung. Die Mieterin war der Ansicht, dass die Mieterhöhung unwirksam sei, da bereits die Ausgangsmiete zu hoch sei.

Vor ihrem Einzug ließ der Vermieter diverse handwerkliche Arbeiten in der Mietwohnung ausführen. Es erfolgte unter anderem ein Anschluss an die Fernwärme, der Austausch alter Heizkörper sowie der Austausch von Elektroleitungen. Der Vermieter war deshalb der Auffassung, dass es sich hierbei um eine umfassende Modernisierung handele. Die Mieterin ging hingegen von bloßen Erhaltungsmaßnahmen aus. Der Punkt war entscheidend für die Frage, inwieweit der Vermieter bereits bei Mietbeginn gegen die sogenannte in Hamburg geltende Mietpreisbremse verstoßen habe.

Die Klage der Mieterin auf Feststellung, dass die Indexmieten-erhöhung keine Wirkung entfalte, war begründet. Das Gericht stellte klar, dass die bei Mietbeginn vereinbarte Miete einen Verstoß gegen die sogenannte Mietpreisbremse darstellte. Die vereinbarte Miete lag mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Diese bestimmte das Gericht nach den Kriterien Ausstattung, Beschaffenheit der Wohnung, Wohnlage sowie der Baualtersklasse des Mietshauses.

Es griff – dies entgegen der Annahme des Vermieters – auch keine Ausnahme von der Mietpreisbeschränkung ein. Eine Ausnahme gilt, wenn es sich bei der Anmietung um die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung handelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Modernisierung umfassend, wenn sie einen Umfang aufweist, der eine Gleichstellung mit Neubauten gerechtfertigt erscheinen lässt. Eine solche Gleichstellung ist anzunehmen, wenn die Modernisierung zum einen im Hinblick auf die angefallenen Kosten einen wesentlichen Bauaufwand erfordert. Zum anderen, wenn die Arbeiten zu einem Wohnungszustand führen, der demjenigen eines Neubaus in wesentlichen Teilen entspricht. Das Kostenelement und die qualitativen Anforderungen müssen daher beide erfüllt sein.

Hier fehlte es jedoch bereits an den entsprechenden Kosten für die Annahme eines wesentlichen Bauaufwands. Ein relevanter Bauaufwand müsste mindestens ein Drittel des für eine vergleichbare Neubauwohnung erforderlichen Aufwands erreichen. Da mehr als 2.000 Euro pro Quadratmeter als vergleichbare Neubaukosten zugrunde zu legen sind, liegt die Untergrenze für einen ausreichenden Modernisierungsaufwand bei mindestens 666,67  Euro pro Quadratmeter. Dieser Kostenaufwand wurde hier durch die Arbeiten des Vermieters vor Mietbeginn nicht erreicht.

Da die Ausgangsmiete aufgrund des Verstoßes gegen die Mietpreisbremse unwirksam war, konnte sich der Vermieter auch nicht auf die Indexmietenerhöhung berufen, für die die Ausgangsmiete den Bezugspunkt bildet.

Der Vermieter hielt dies für treuwidrig von der Mieterin. Dies sah das Gericht anders. Die Berufung auf eine unzulässige Ausgangsmiete im Rahmen einer Indexmietenerhöhung ist nicht deshalb treuwidrig, weil die Mieterin der Ausgangsmiete bei Vertragsunterzeichnung unter Kenntnis der Modernisierungsmaßnahmen zugestimmt hat. Ein solches Verständnis würde dem gesetzlich verankerten Mieterschutz, insbesondere auch der Mietpreisbremse, zuwiderlaufen und ihn praktisch umgehen. Die Mietpreisbremse gilt gerade für den angespannten Wohnungsmarkt und soll der besonderen Drucksituation des Wohnungssuchenden und der demgegenüber insoweit starken Stellung von Vermieterinnen und Vermietern Rechnung tragen. Soweit sich die Mietparteien trotz Kenntnis bei Unterzeichnung des Mietvertrags nicht im Nachhinein auf solche Unzulässigkeiten berufen könnten, wäre dies mit dem dargestellten Schutzgedanken nicht vereinbar.

Hinweis: Die Mietpreisbremse ist ein wichtiges Instrument zu Regulierung des Wohnungsmarkts und zur Bekämpfung von steigenden Mieten. Sie wurde eingeführt, um den Anstieg der Mietpreise in angespannten Wohnungsmärkten zu begrenzen und den Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten erschwinglich zu halten. Die Mieten sollen im Fall von Neuvermietungen höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Die Mietpreisbremse gilt nicht für Wohnungen, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals bezugsfertig geworden sind. Es sind des Weiteren Wohnungen ausgenommen, die erstmals nach einer umfassenden Modernisierung vermietet worden sind. Soweit eine Miete, die die vorherigen Mietparteien für die Wohnung zuletzt gezahlt haben, also die Vormiete, höher als die ortsübliche Vergleichsmiete zuzüglich zehn Prozent ist, darf zudem eine Miete bis zur Höhe der Vormiete vereinbart werden.

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