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Kürzlich trafen sich Vertreterinnen und Vertreter von Projektentwicklungsgesellschaften und andere in der Wohnungswirtschaft Tätige zum „Hamburger Immobilienkongress“. Auf der Tagung, die sich im Untertitel „Treffpunkt für Akteure und Kenner der regionalen Immobilienbranche“ nennt, diskutierten Expertinnen und Experten über Themen wie „Fels in der Brandung: Bleibt Hamburg auch in Zukunft die Vorzeigestadt der Immobilienbranche?“ und „Talfahrt oder Achterbahnfahrt – sinken Immobilien- und Bodenpreise weiter?“
Die Branche ist arg gebeutelt. Steigende Zinsen und Baukosten machen es unmöglich, dass in den letzten Jahren so erfolgreiche Geschäftsmodell weiter zu betreiben. Die Folge: Es wird nicht mehr neu gebaut, Projekte bleiben in der Schublade. Gewünscht wird eine Wiederherstellung der Rahmenbedingungen auf den Stand des Jahres 2021. Das bedeutet: Steuergeld für die Förderung hochwertiger Vorhaben, mindestens aber einfacheres Baurecht und Grundstücke von der Stadt verkauft, nicht verpachtet. Bis dahin gebe es wenig „Opportunitäten“ für Neubau, weil nur „lukrative“ Projekte realisiert werden könnten.
Die Macher des Kongresses hatten mich eingeladen, als Diskutant aufs Podium zu kommen. Das habe ich gerne getan und die für eine spannende Debatte notwendigen Kontrapunkte zur vorherrschenden Haltung gebracht – zur Vergabe städtischer Grundstücke im Erbbaurecht, Mietpreisbeschränkungen und vor allem zur Frage der Höhe einer angemessenen Rendite bei einem Wohnungsbauprojekt.
Solch ein Austausch hilft mir sehr. Er lässt mich verstehen, wie es in einer Branche aussieht, die sich innerhalb der Rahmenbedingungen der Jahre 2010 bis 2021 – billiges Geld, gute Renditen – etabliert und über Jahre einen erheblichen Teil des Neubaus in Hamburg gestemmt hat. Und die also etwas getan hat, was erwünscht war. Es sind diese Unternehmen, die für den „Markt“ stehen, der den Wohnungsbau nach der Vorstellung einiger politischer Strömungen regeln soll.
Die nun aber sagen, sie bauen nicht mehr. Und hier offenbart sich, dass der „Markt“ den Wohnungsbau durchaus zu regeln in der Lage ist, allerdings nicht im Sinne der Erwartungen der Menschen. Die nämlich möchten ausreichend Wohnraum für alle und diesen auch noch bezahlbar. Der Anreiz des Markts besteht aber nicht darin, die Erwartungen der Menschen zu erfüllen, sondern die Erwartungen der Unternehmen. Und diese liegen gemäß der Logik des Marktes in der Rendite, also im Gewinn für das Unternehmen und nicht im Gewinn für die Menschen. Und es lässt sich mehr Gewinn erzielen in einem angespannten Wohnungsmarkt, und auch Neubau soll eine angemessene Rendite von mindestens 15 bis 20 Prozent bringen.
Dabei lohnt es sich auch für Unternehmen, im Hinblick auf „Rendite“ einen anderen Standpunkt einzunehmen. Schließlich gestalten wir alle gemeinsam die Stadt, und wenn die Stadt ein Ort ist, wo sich Menschen gerne und gut ansiedeln können, bringen sie neue Ideen, Erfahrungen, Schwung und Wachstum mit. Es geht also um eine über die Rendite des einzelnen Unternehmens hinausgehende Stadtrendite. Diese wurde bereits 2008 durch das heutige Bundesamt für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) für das damalige Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung als Faktor beschrieben. Im Kern geht es darum, wie kommunale Wohnungsunternehmen einen Beitrag zur sozialen und ökonomischen Entwicklung leisten und dass sie deswegen besser nicht privatisiert werden sollten. Das Papier verdeutlicht, wie sehr die Attraktivität einer Kommune abhängig von der angemessenen Versorgung mit Wohnraum ist und dass davon letztendlich alle profitieren.
Nun aber ist der Anteil von Wohnungsunternehmen, die sich betriebswirtschaftlich an den Interessen des Gemeinwohls ausrichten, augenscheinlich zu gering, um die drängenden Probleme des Wohnungsmarkts, vor allem fehlenden Neubau bezahlbarer Wohnungen, zu lösen. Es bedarf der privaten Wohnungswirtschaft, die die Vorteile einer Einbeziehung der Stadtrendite in die eigenen wirtschaftlichen Planungen jedoch ignoriert, wie im Rahmen des Immobilienkongresses deutlich wurde.
Ich hoffe, dass sich dies bald ändert. Es wird höchste Zeit. Die für das Jahr 2024 prognostizierten Wohnungsbauzahlen werden nochmals deutlich unter denen des Jahres 2023 liegen und bundesweit nicht einmal 200.000 erreichen. Gelingt es nicht, eine Trendwende herbeizuführen, werden sich die Kosten für das Wohnen, egal ob zur Miete oder im Eigentum, weiter verteuern. Denn die weitere Verknappung führt nach der Logik des Markts zu höheren Preisen. Setzen wir ihr die Stadtrendite entgegen.
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